Bericht aus der EOTA-Arbeit
In der Europäischen Organisation für Technische Bewertung (EOTA) kommen die Technischen Bewertungsstellen der Mitgliedstaaten zusammen, die am ETA-Verfahren teilnehmen. Neben den Ländern der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums sind das die Schweiz und die Türkei. Als Observer sind der EOTA zudem Bewertungsorganisationen aus den USA und Großbritannien sowie Institute aus den Niederlanden und Luxemburg angeschlossen, die nicht den Status einer europäischen Technischen Bewertungsstelle (TAB) haben.
Das DIBt als führende technische Bewertungsstelle in Europa nach Zahl der ausgestellten ETAs und der federführend erarbeiteten EADs bringt sich aktiv in die EOTA ein. Neben dem Geschäftsführenden Ausschuss (Executive Board) und der Generalversammlung ist das DIBt in zahlreichen technischen Gremien und Arbeitsgruppen vertreten. Derzeit übernehmen DIBt-Referentinnen und -Referenten etwa den Vorsitz und/oder die Geschäftsführung im Technischen Ausschuss (Technical Board), in der Expertengruppe Verankerungen und Befestigungen (Expert Group Fixings), in der Arbeitsgruppe zum Gehalt und zur Freisetzung gefährlicher Stoffe (PT 9 Dangerous Substances) sowie in der Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit (Communication Working Group). In vielen weiteren Arbeitsgruppen, etwa der Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit (PT 12 Sustainability) oder der Task-Force zur Beschleunigung der Bekanntmachung von EAD-Fundstellen (PT 16), arbeiten DIBt-Expertinnen und ‑Experten aktiv mit.
Sind die einzelnen Technischen Bewertungsstellen, z.B. das DIBt, der zentrale Ansprechpartner für Hersteller, die an einer Europäischen Technischen Bewertung (ETA) für ihr Produkt interessiert sind, so ist die EOTA für die Technischen Bewertungsstellen eine wichtige, gemeinsame Plattform. Über die EOTA wird das ETA-Verfahren europaweit koordiniert. Auf technischer Ebene werden in der EOTA die harmonisierten Bewertungsverfahren abgestimmt, die Grundlage des ETA-Verfahrens sind, und in Form von Europäischen Bewertungsdokumenten (EAD) festgeschrieben. Zudem finden hier die Rücksprachen mit der Europäischen Kommission und der Austausch mit den einschlägigen europäischen Hersteller- und Anwenderverbänden und weiteren interessierten Kreisen statt.
Aufgrund des überzeugten Engagements des DIBt in der EOTA berichten wir regelmäßig auch aus dieser Organisation.
EOTA-Jahresbericht 2021
Die EOTA hat am 16. März 2022 ihren Jahresbericht für 2021 vorgelegt. Im Vorwort geht der aktuelle EOTA-Präsident, Sebastian Wall (ITB, Polen), insbesondere auf die aktuellen Prioritäten und das Erreichte ein. Es folgen Kennzahlen für das Jahr 2021 sowie zur Entwicklung der „ETA-Route“ seit 2013. Abschließend bietet ein Zeitstrahl eine Zusammenschau der "Meilensteine 2021", zu denen weitere Informationen (in englischer Sprache) verlinkt sind.
Mit einer anhaltend hohen Nachfrage nach ETAs und 30 im Amtsblatt der Europäischen Union bekanntgemachten EADs war 2021 ein erfolgreiches Jahr für EOTA. Oberste Priorität hatte und hat für die Organisation die zügige Veröffentlichung von EAD-Fundstellen im Amtsblatt. In diesem Zusammenhang betont EOTA die Bedeutung der Arbeit der bereits erwähnten Task-Force PT 16. Das Projektteam aus erfahrenen EAD-Verfasserinnen und -Verfassern wurde 2021 eingerichtet. Seine Aufgabe ist es, zur Veröffentlichung anstehende EADs zu sichten und ggf. Feinjustierungen durch die federführend verantwortliche Bewertungsstelle zu veranlassen. Die Einrichtung des Projektteams war Teil eines mit der Europäischen Kommission vereinbarten Fahrplans zur Beschleunigung der Bekanntmachung von EADs im Amtsblatt.
Zum Jahresbericht in englischer Sprache
Rund um den Brexit
Auch die Begleitung der Antragsteller in der Post-Brexit-Situation war ein wesentlicher Arbeitsschwerpunkt sowohl der EOTA als auch der Technischen Bewertungsstellen auf beiden Seiten des Ärmelkanals. Mit Zustimmung der Europäischen Kommission konnte die EOTA Ende 2021 mit der britischen Regierung zu einer Vereinbarung über die Modalitäten einer weiteren künftigen Nutzung von EADs im Rahmen von Technischen Bewertungen und darauf basierenden Kennzeichnungen im Vereinigten Königreich kommen (wir berichteten). Die Branche wartet nun auf die Bekanntmachung erster „Post-Brexit-EADs“ auf der einschlägigen Webseite der britischen Regierung.
In Richtung Europäische Union gingen bei der EOTA bislang 440 Anträge auf Umschreibung von ETAs britischer Bewertungsstellen auf Technische Bewertungsstellen in der EU ein. Auch das DIBt beteiligte sich aktiv am vereinfachten Verfahren zur Umschreibung.
In Richtung Großbritannien unterstützte das DIBt bislang 13 Hersteller in 45 Fällen bei der Beantragung einer britischen Technischen Bewertung (UKTA) auf Basis ihrer ETA.
10+ gute Gründe für eine ETA
Die Vorteile des ETA-Verfahrens für Hersteller und Anwender sowie dessen Rolle in der Harmonisierung von Bauprodukten hat die EOTA im November 2021 in einem knappen Zweiseiter unter dem Titel 10+ETA benefits zusammengefasst. Basierend auf diesem Flyer läuft derzeit eine Social-Media-Kampagne auf LinkedIn und Twitter. Interessierte, die nicht in den Sozialen Medien aktiv sind, finden eine Zusammenschau der Inhalte auf der EOTA-Website „#ETA4Construction“ (Englisch).
Weitere EADs bekanntgemacht
Für die Bauwirtschaft sind die Europäischen Bewertungsdokumente mit Abstand die wichtigsten Ergebnisse der Zusammenarbeit der Technischen Bewertungsstellen im Rahmen der EOTA. Wir berichten regelmäßig über die Veröffentlichung neuer EAD-Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Kommission.
Novelle der Bauproduktenverordnung
Zur Überarbeitung der Bauproduktenverordnung veröffentlichte die EOTA im November 2021 ein White Paper, das die Aspekte auf den Punkt bringt, die der Organisation in Bezug auf die Novellierung der Bauproduktenverordnung wichtig erscheinen. Das künftige Harmonisierungssystem nach der Bauproduktenverordnung müsse sicherstellen, dass harmonisierte technische Spezifikationen zügig und verlässlich bereitgestellt werden, eine konsistente gemeinsame Fachsprache transportieren und einen hohen Standard in Bezug auf die Bauwerkssicherheit etablieren.
Das ETA-Verfahren würde aus Sicht der EOTA insbesondere von folgenden Nachjustierungen profitieren:
- Klarstellung bestimmter Fristen und Verantwortlichkeiten,
- mehr Ressourcen innerhalb der Kommission für die Prüfung und Freigabe von harmonisierten technischen Spezifikationen,
- praktikabler Ansatz zur Handhabung formaljuristischer Anforderungen an EADs und harmonisierte Normen sowie
- Verfahrensvereinfachungen für Hersteller (z.B. in Hinblick auf die derzeitige Dopplung von Deklarationspflichten in Leistungserklärung und ETA).
Basierend auf Äußerungen der Kommission im Rahmen des Acquis-Prozesses enthält das Weißbuch zudem Überlegungen dazu, ob bzw. wie – unbeschadet der nationalen Regelungsprärogative – technisch sinnvolle „Minima“ oder Hinweise zur Verwendung künftig einfacher in EADs und ETAs aufgenommen und so an die Fachöffentlichkeit weitergegeben werden können.
Ein erster Entwurf der neuen Bauproduktenverordnung ist noch für das Frühjahr avisiert.