Schutz vor Radioaktivität in Bauprodukten
Im Folgenden stellen wir Ihnen die wesentlichen Regelungen zum Schutz vor radioaktiver Strahlung aus Bauprodukten im Überblick vor.
Allgemeine Fragen zum Verfahren
Ein Überblick
Rechtsgrundlage für den Schutz vor Radioaktivität in Bauprodukten und weitere strahlenschutztechnische Schutzbelange ist das Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 1966). Es setzt die Richtlinie 2013/59/EURATOM zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung in nationales Recht um.
Regelungen zu Bauprodukten sind insbesondere in Teil 4, Kapitel 3 "Schutz vor Radioaktivität in Bauprodukten" des Strahlenschutzgesetzes enthalten (siehe §§133 bis 135 StrlSchG). Das Strahlenschutzgesetz wird konkretisiert durch die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) vom 29. November 2018 (BGBI I., S. 2034, 2036).
Rechtsgrundlagen
- Richtlinie 2013/59/Euratom (73 Seiten ) vom 5. Dezember 2013; Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung und zur Aufhebung der Richtlinien 89/618/Euratom, 90/641/Euratom, 96/29/Euratom, 97/43/Euratom und 2003/122/Euratom (Abl. L13 vom 17.1.2014, S.1); L 13/1, Amtsblatt der Europäischen Union
- Gesetz zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzgesetz - StrlSchG) vom 27. Juni 2017 (BGBl. I, S. 1966), zuletzt geändert durch Art. 248 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I, S. 1328); Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz; Bundesamt für Justiz
- Verordnung zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzverordnung – StrlSchV) Fassung: wie im Dokument angegeben; Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz; Bundesamt für Justiz
Sie als Hersteller/Inverkehrbinger von Bauprodukten, bei deren Produktion mineralische Primärrohstoffe (gemäß Anlage 9 StrlSchG) oder Rückstände (gemäß Anlage 1 StrlSchG) eingesetzt werden, müssen vor dem Inverkehrbringen
- die spezifische Aktivität bestimmter Radionuklide bestimmen und
- daraus den Aktivitätsindex nach Anlage 17 StrlSchV berechnen.
Der Referenzwert in Aufenthaltsräumen durch Gammastrahlung aus Bauprodukten beträgt 1 Millisievert im Kalenderjahr. Zur Vereinfachung wurde der Aktivitätsindex eingeführt. Ist der ermittelte Aktivitätsindex kleiner oder gleich 1, gilt der Referenzwert von 1 Millisievert im Kalenderjahr für die effektive Dosis als eingehalten und das Bauprodukt kann uneingeschränkt in Verkehr gebracht werden (vgl. § 135 Abs. 1 StrlSchG).
Liegt der bestimmte Aktivitätsindex über dem zulässigen Wert von 1, müssen Sie als Hersteller oder Inverkehrbinger unverzüglich die zuständige Behörde informieren. Die zuständige Behörde kann innerhalb eines Monats Maßnahmen anordnen, die zur Einhaltung des Referenzwerts bei Verwendung des Bauprodukts zur Herstellung von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen erforderlich sind oder die Verwendung untersagen (vgl. § 135 Abs. 3 StrlSchG). Das Bauprodukt darf erst nach Ablauf der Monatsfrist oder nach Maßgabe der behördlichen Entscheidung in den Verkehr gebracht werden.
Der Verpflichtete, also Sie als Hersteller oder Inverkehrbinger, hat zudem die am Bau Beteiligten über die getroffenen Einschränkungen zu informieren. Soweit diese Personen nicht bekannt sind, ist das Bauprodukt mit Begleitpapieren zu versehen, aus denen die Verwendungseinschränkungen hervorgehen (vgl. § 135 Abs. 4 StrlSchG).
Wenn Sie Bauprodukte in Deutschland herstellen oder ins Inland verbringen, die mineralische Primärrohstoffe (gemäß Anlage 9 StrlSchG) oder Rückstände (gemäß Anlage 1 StrlSchG) enthalten, sind Sie zur Bestimmung der spezifischen Aktivität der Radionuklide Radium-226, Thorium-232 (oder Radium-228) und Kalium-40 verpflichtet.
Liegt der bestimmte Aktivitätsindex (siehe Anlage 17 StrlSchV) über dem zulässigen Referenzwert, müssen Sie die zuständige Behörde unverzüglich darüber informieren.
Beachten Sie zudem die weiteren Informationspflichten gegenüber den am Bau Beteiligten.
Das Strahlenschutzgesetz nennt in Anlage 9 die relevanten mineralischen Primärrohstoffe und in Anlage 1 die maßgebenden Rückstände.
Die Anlage 9 zu § 134 Absatz 1 StrlSchG nennt radiologisch relevante mineralische Primärrohstoffe für die Herstellung von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen. Unter der Nummerierung 1 sind saure magmatische Gesteine sowie daraus entstandene metamorphe und sedimentäre Gesteine genannt.
Zu den sauren magmatischen Gesteinen gehören: Granit, Granodiorit, Diorit, Monzonit, Syenit, Gabbro, Rhyolith, Liparit, Quarzporphyr, Dacit, Porphyr, Andesit, Porphyrit, Phonolith, Latit, Trachyt, Bims, Tuff/Tuffstein und Trass
und
die aus sauren magmatischen Gesteinen entstandenen metamorphen und sedimentären Gesteine: Baryt, Sandstein und Gneis.
Gemäß § 134 Absatz 3 StrlSchG kann das DIBt als zuständige Behörde verlangen, dass sie von dem zur Bestimmung der spezifischen Aktivität Verpflichteten über die Ergebnisse der Bestimmung und den gemäß der Rechtsverordnung nach § 135 Absatz 1 Satz 3 StrlSchG ermittelten Aktivitätsindex sowie über andere in der Rechtsverordnung genannte für die Berechnung des Aktivitätsindex verwendete Größen unterrichtet wird.
Der Vollzug des Strahlenschutzgesetzes ist Aufgabe der Bundesländer. Die Bundesländer bestimmen, welche Stellen als "zuständige Behörden" tätig werden.
Derzeit ist das DIBt als zuständige Behörde für die Länder Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen tätig. Weitere Bundesländer haben eine Aufgabenübertragung an das DIBt angekündigt.
Unsere Kontaktdaten:
Kontakt
Zuständige Behörde gemäß §§ 134, 135 Strahlenschutzgesetz
Tel.: +49 30 78730 498
E-Mail:
strlschg(at)dibt(.)de
Falls Sie über eine Überschreitung informiert haben und die zuständige Behörde Maßnahmen zur Verwendung angeordnet hat, müssen Sie als Verpflichteter den Bauherrn, den Entwurfsverfasser und den Unternehmer im Sinne der jeweils anwendbaren Landesbauordnungen hinsichtlich der Einschränkungen informieren. Sofern Ihnen diese Personen nicht bekannt sind, ist das Bauprodukt mit Begleitpapieren zu versehen, aus denen die Verwendungseinschränkungen klar hervorgehen (vgl. § 135 (4) StrlSchG).
Eine mögliche Maßnahme ist die Einschränkung der Verwendungsfläche für Ihr Bauprodukt auf z.B. nur Wände, Boden oder Decke.
Bei Bauprodukten, die aus unterschiedlichen zugemischten Bestandteilen bestehen (z.B. Beton, Ziegel), kann der Anteil der relevanten Inhaltsstoffe limitiert werden, um den Aktivitätsindex des daraus entstandenen Bauprodukts einzuhalten.
Werden Bauprodukte nicht für die Herstellung von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen verwendet, können sie ohne Bestimmung der o.g. spezifischen Aktivitäten, aber nur mit der vorgenannten Verwendungsbeschränkung in den Verkehr gebracht werden.
Sie als Hersteller oder als Inverkehrbringer des Bauprodukts haben die zuständige Behörde unverzüglich zu informieren, wenn die voraussichtlich von Ihrem Bauprodukt ausgehende effektive Dosis den Referenzwert überschreitet.
Die zuständige Behörde kann, gemäß § 135 (3) StrlSchG, innerhalb eines Monats nach Eingang der Information zur Überschreitung des Referenzwerts der effektiven Dosis, beschränkende Maßnahmen anordnen oder die Verwendung des Bauprodukts untersagen.
Fragen zur Bestimmung und Übermittlung von Werten
Der Referenzwert für die effektive Dosis aus äußerer Exposition von Einzelpersonen der Bevölkerung in Aufenthaltsräumen durch Gammastrahlung aus Bauprodukten beträgt zusätzlich zur effektiven Dosis aus äußerer Exposition im Freien 1 Millisievert im Kalenderjahr.
Der Referenzwert in Höhe von 1 Millisievert im Kalenderjahr gilt als eingehalten, wenn der ermittelte Aktivitätsindex den Wert 1 nicht überschreitet.
Die äußere Strahlenexposition, zu welcher auch die terrestrische Strahlung zählt, wird durch natürliche radioaktive Stoffe, die in den Böden und Gesteinsschichten der Erdkruste vorhanden sind, regional in unterschiedlichen Konzentrationen, verursacht. Steine und Erden sind wiederum wichtige Rohstoffe für mineralische Baumaterialien. In der Folge können enthaltene Radionuklide in die Baustoffe übergehen und beim Aufenthalt in Häusern ebenfalls zu einer äußeren Strahlenexposition beitragen.
In § 5 Abs. 5 StrlSchG wird der Aufenthaltsraum wie folgt definiert:
"Aufenthaltsraum: Innenraum, der zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Einzelpersonen der Bevölkerung bestimmt ist, zum Beispiel in einer Schule, einem Krankenhaus, einem Kindergarten oder zum Wohnen."
In § 5 Abs. 6 StrlSchG werden Bauprodukte wie folgt definiert:
"Bauprodukte: Baustoffe, Bausätze, Bauteile und Anlagen, die hergestellt werden, um dauerhaft als Wand-, Boden- oder Deckenkonstruktionen, einschließlich deren Bekleidungen, von Aufenthaltsräumen in Gebäuden eingebaut zu werden. Keine Bauprodukte sind kleinflächig und kleinvolumig verwendete Fertigprodukte wie Flickmörtel und Verfugungen."
Vor dem Inverkehrbringen der Bauprodukte ist die spezifische Aktivität der Radionuklide Radium-226, Thorium-232 oder seines Zerfallsprodukts Radium-228 und Kalium-40 zu bestimmen.
Die Messung der spezifischen Aktivität von Radium-226, Thorium-232 und Kalium-40 wird mittels Gammaspektrometrie durchgeführt.
Die folgenden Prüfnormen/Anleitungen mit Details zur Prüfstück-/Prüfmengen-Vorbereitung werden vom DIBt als geeignete Referenzmethoden angesehen:
- DIN CEN/TS 17216:2018: Construction products - Assessment of release of dangerous substances - Determination of activity concentrations of radium-226, thorium-232 and potassium-40 in construction products using semiconductor gamma-ray spectrometry
- Messanleitung für die Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt und zur Erfassung radioaktiver Emissionen aus kerntechnischen Anlagen
Herausgeber: Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
oder
- DIN EN ISO 18589-3:2007: Ermittlung der Radioaktivität in der Umwelt – Erdboden – Teil 3: Messung von Gammastrahlung emittierenden Radionukliden.
Signifikante Abweichungen zu der verwendeten Messmethode sind darzustellen und detailliert zu begründen.
Die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) ist die nationale Akkreditierungsstelle der Bundesrepublik Deutschland. Sie handelt nach der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 und dem Akkreditierungsstellengesetz (AkkStelleG) im öffentlichen Interesse als alleiniger Dienstleister für Akkreditierung in Deutschland. Mögliche Prüflabore, an die Sie sich zur Bestimmung der spezifischen Aktivität der relevanten Radionuklide wenden können, finden Sie dort in der Datenbank der akkreditierten Stellen.
Der Aktivitätsindex ist nach Anlage 17 StrlSchV zu berechnen.
Das DIBt benötigt die folgenden Angaben, die Sie zur Berechnung des Aktivitätsindexes verwendet haben:
- Aktivitätskonzentration Ra-226 [Bq/kg]
- Aktivitätskonzentration Th-232 [Bq/kg]
- Aktivitätskonzentration K-40 [Bq/kg]
- Dicke [m]
- Dichte [kg/m³]
- Ermittelter Aktivitätsindex
- Verwendung am / im Gebäude
- Eingesetzter Primärrohstoff / Rückstand, Angabe gemäß StrlSchG, Anlage 1 bzw. 9
- Prozentualer Anteil im Bauprodukt [Gew.-%].
Besteht das Bauprodukt aus mehreren Komponenten, so ist der Aufbau des Bauprodukts zu übermitteln. Bitte geben Sie dabei auch an, in welcher Schicht der Primärrohstoff/Rückstand eingesetzt wird.
Bitte nutzen Sie hierzu das folgende Formular:
- pdf-Datei Angaben über ein Bauprodukt zur Berechnung des Aktivitätsindexes für die zuständige Behörde gemäß §§ 134, 135 Strahlenschutzgesetz; S. 1
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bündelt Kompetenzen im Bereich des Strahlenschutzes, darunter zu Wirkungen und Risiken von ionisierender und nicht-ionisierender Strahlung, zum Radiologischen Notfallschutz, zur Überwachung der Umweltradioaktivität und zum medizinischen und beruflichen Strahlenschutz.