Gemeinsames Webinar des BMWi, der AHK Moskau und des DIBt zum europäischen Regelungssystem für Bauprodukte
In Kooperation mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und der Delegation der deutschen Wirtschaft in Russland (AHK Moskau) gestaltete das DIBt am 26. Mai 2021 einen Webinar-Tag zum Thema „Das europäische Regelungssystem für Bauprodukte – Ein Überblick aus Sicht Deutschlands“. Das Webinar fand im Rahmen des breit angelegten BMWi-AHK-Projekts „Expertendialog zur technischen Regulierung mit der Eurasischen Wirtschaftsunion“ statt.
Die Expertinnen und Experten des DIBt stellten in diesem Webinar interessierten Vertretern der Bauwirtschaft in Russland und der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) den europäischen Regelungsrahmen für Bauprodukte vor. Rund 100 Teilnehmende waren den ganzen Tag über zugeschaltet und verfolgten die Beiträge.
Begrüßt wurde das Web-Auditorium von den Gastgebern der Veranstaltung. Matthias Schepp, Leiter der AHK Moskau, betonte in seinem Grußwort die Bedeutung von Kooperation, grenzübergreifendem Handel und technischem Dialog, gerade in Zeiten politischer Spannungen. Gerhild Roth, stellvertretende Leiterin des Referats Nationale und internationale Normungs- und Standardisierungspolitik, Patentpolitik, hieß das Publikum im Namen des BMWi willkommen. Sie stellte einleitend das Projekt des Expertendialogs vor (s. Infobox im Anschluss an den Artikel). Durch das Programm führte das Moderatorenteam Elena Grigoreva (AHK) und Gerd Slapke (für das BMWi).
Mit seinem Einführungsvortrag zum Thema Bauwerkssicherheit spannte DIBt-Präsident Gerhard Breitschaft den Zielrahmen auf und gab einen Überblick über die Instrumente, die das Bauordnungsrecht und die europäischen Harmonisierungsrechtsvorschriften bereithalten, um „Sichere Bauwerke aus zuverlässigen Bauprodukten“ – so der Präsentationstitel – zu gewährleisten.
Kerstin Abend, Leiterin des Referats Europäisches und internationales Recht am DIBt, fasste zunächst die geschichtliche Entwicklung des Unionsrechts zusammen und beleuchtete dann die aktuelle Ausgestaltung der Bauproduktenverordnung und das komplexe Zusammenspiel von europäischen Prärogativen (harmonisiertes Handelsrecht) und mitgliedstaatlichen Kompetenzen (Bauwerkssicherheit) im Bereich des Bauwesens.
Über „Die europäische Normung als Instrument der Bauproduktenverordnung“, die Modalitäten der Normerarbeitung sowie deren Chancen und Grenzen referierte Johanna Bartling, Leiterin des Referats Produktinformationsstelle für das Bauwesen, Koordinierung Normung des DIBt. Die Publikumsfrage „Kann ein Hersteller Wesentliche Merkmale in die CE-Kennzeichnung und Leistungserklärung aufnehmen, die in der Norm fehlen?“ musste Frau Bartling mit einem klaren Nein beantworten.
Eine Lösung für das Dilemma unvollständiger Normen und einen Weg zur CE-Kennzeichnung innovativer und anderer nicht harmonisiert genormter Bauprodukte zeigte Matthias Springborn, Leiter des Referats EOTA, UEAtc des DIBt, auf. Er stellte die Europäische Technische Bewertung (ETA) vor und machte dabei die Unterschiede zur CE-Kennzeichnung nach Norm deutlich aber auch die darin liegenden Vorteile und Handelsspielräume für Hersteller.
Der Vortrag von Heidelinde Fiege, Leiterin des DIBt-Referats Anerkennung und Notifizierung von Drittstellen, drehte sich um das für die Wirtschaftsakteure hoch relevante Thema der „Konformitätsbewertung“ bzw. der „Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit“. Basierend auf Fragen aus dem Web-Auditorium arbeiteten Frau Fiege und Moderator Gerd Slapke die Unterschiede zwischen den Aufgaben notifizierter Stellen im Rahmen der Bauproduktenverordnung und den Tätigkeiten von Drittstellen, die nach nationalem Recht bei der Produktprüfung und Überwachung tätig werden, heraus.
Als letzten Themenkomplex stellte Ulrike Stangner, Leiterin des Referats Marktüberwachung am DIBt, die „Marktüberwachung harmonisierter Bauprodukte“ vor. An einem praktischen Beispiel und Erfahrungen aus erster Hand machte sie begreiflich, wie Marktüberwachung nach europäischen Regeln in Deutschland organisiert ist, was sie leisten kann und wo die Grenzen liegen. Dabei konnte sie wie viele Kolleginnen und Kollegen vor ihr auf nützliche Handreichungen und Informationen auf der DIBt-Website hinweisen.
In einer kurzen Inputrunde brachten sich dann die Vertreter der eurasischen Bauwirtschaft und des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft (OA) in den Expertendialog ein. Markus Reigl und Gundolf Krüger vom OA stellten Ideen vor, wie im Rahmen konkreter Kooperationsprojekte nicht-tarifäre Handelshemmnisse zwischen der EU und der EAWU abgebaut werden könnten. Interesse hieran mitzuarbeiten und „im Gespräch“ zu bleiben, bekundete auch Andrej Lozmanov, stellvertretender Co-Vorsitzender des Russischen Unternehmerverbands RSPP. Die Gastgeber und Initiatoren des Expertendialogs luden die Webinar-Teilnehmenden ein, hierzu gerne auch im Nachgang der Veranstaltung eigene Vorschläge und Wünsche zu äußern (Kontaktadresse: AHK Moskau).
Ein sehr informativer Tag, aus dem auch gut Informierte viele neue Erkenntnisse mitnehmen konnten, resümierte Gerhild Roth die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und bedankte sich bei den mitwirkenden DIBt-Referentinnen und -Referenten für die Themenauswahl und die Impulse. Diesen Dank kann das DIBt-Referenten- und Organisationsteam nur zurückgeben: Vielen Dank für die hervorragende Zusammenarbeit in der Vorbereitung und das Interesse: Спасибо!
Projektinformation: Expertendialog zur technischen Regulierung mit der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) Seit 2017 führt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) unter dem Dach der Delegation der deutschen Wirtschaft in Russland | AHK Russland mit der EAWU einen politischen Fachdialog zur technischen Regulierung, um die Chancen für die deutsche Wirtschaft zu nutzen, die sich aus vertieften Expertengesprächen auf technischer Ebene ergeben können. Die Zusammenarbeit mit der EAWU im Bereich der technischen Regulierung wird ähnlich wie in Kooperationen mit strategischen Handelspartnern im Rahmen des Globalprojekts Qualitätsinfrastruktur praktiziert, wie z.B. mit China, Indien, den USA, Mexiko und Brasilien. Ziel der BMWi-Kooperation mit der EAWU ist der Abbau technischer nicht-tarifärer Handelshemmnisse in den Bereichen Normung und Standardisierung, Akkreditierung und Konformitätsbewertung sowie dem Messwesen und der Marktüberwachung. Neben Vertretern der Eurasischen Wirtschaftskommission (EAWK) und relevanter Ressorts und Institutionen der EAWU-Mitgliedsstaaten nehmen regelmäßig deutsche relevante Stakeholder (DIN, DKE, DAkkS, PTB) und zahlreiche Vertreter der eurasischen und deutschen Wirtschaft teil. Auch die EU-Vertretung ist jeweils vor Ort eingebunden. Das beiderseitige Interesse der Wirtschaft am Expertendialog zur technischen Regulierung ist groß. Neben Querschnittsthemen in Bereichen wie dem Maschinen- und Anlagenbau, der Elektrotechnik oder auch dem Bauwesen werden im Austausch derzeit Grundsatzfragen und konkrete Harmonisierungsmöglichkeiten in der Normung, Akkreditierung und dem Bereich der Konformitätsbewertung thematisiert. Als Fortsetzung des Expertendialogs in 2021 ist ein Treffen im Herbst in Moskau geplant. |