Im Amt bestätigt – Interview mit dem neuen und alten DIBt-Präsidenten Gerhard Breitschaft
Der DIBt-Verwaltungsrat bestätigte auf seiner diesjährigen Frühjahrssitzung Gerhard Breitschaft für eine zweite Amtszeit als DIBt-Präsident, die am 1. November 2021 offiziell beginnt.
Die Entscheidung fiel einstimmig. Der Vorsitzende des Verwaltungsrats Werner Koch (Hamburg) begründete dies mit dem "großen Vertrauen", das über die Jahre zwischen dem Verwaltungsrat und Herrn Breitschaft als Repräsentant des DIBt gewachsen ist. "Wir schätzen die lösungsorientierte, hilfsbereite und partnerschaftliche Art, in der Herr Breitschaft das DIBt leitet. Auf die Bauverwaltungen kommen große Aufgaben zu, die wir gemeinsam angehen wollen. Insofern bedanke ich mich bei Herrn Breitschaft für sein Engagement, die stets konstruktiven, zielführenden Gespräche und seine Bereitschaft, das Länder-Bund-Kompetenzzentrum DIBt in die Zukunft zu führen."
Das DIBt-Newsletter-Team nutzte den besonderen Anlass, um Herrn Breitschaft zum Spätsommer-Interview auf der Dachterrasse des DIBt einzuladen. Das Interview führte Carmen Holzwarth.
DIBt-Newsletter: Herr Breitschaft, ich darf Ihnen heute gleich doppelt gratulieren: nachträglich zum 60. Geburtstag und zur Wiederwahl als Präsident des Deutschen Instituts für Bautechnik.
Gerhard Breitschaft: Vielen Dank!
DIBt-Newsletter: Sie haben sich gewünscht, dass wir das Fachliche heute in den Mittelpunkt stellen. Deshalb die Frage: Was bedeutet diese Bestätigung im Amt des Präsidenten für Sie?
Gerhard Breitschaft: Nun zunächst möchte ich mich bei den Vertreterinnen und Vertretern des Verwaltungsrats für das Vertrauen bedanken, das sie mir entgegenbringen. Mein Anspruch an mich und das Team, das mich unterstützt, ist es, diesem Vertrauen gerecht zu werden.
Ich sehe die Bestätigung im Amt als Auftrag, und zwar in doppelter Hinsicht: Bewährtes fortzuführen, und gleichzeitig neue Impulse zur Weiterentwicklung unserer Prozesse, Strukturen und der Art, wie wir zusammenarbeiten, einzubringen. Hier die Balance zu finden und "alle mitzunehmen", ist nicht immer einfach, gehört jedoch aus meiner Sicht zu den Kernaufgaben der Institutsleitung.
DIBt-Newsletter: Welche Schwerpunkte werden Sie in Ihrer zweiten Amtszeit setzen?
Gerhard Breitschaft: Hier möchte ich vier Punkte nennen: den Erhalt und Ausbau der hohen bautechnischen Kompetenz des DIBt, die Erfüllung unserer Aufgaben zur Zufriedenheit der Länder, des Bundes und unserer Partner in der Bauwirtschaft, eine solide Haushaltsführung und die Stärkung der Attraktivität des DIBt als modernem Arbeitgeber mit motivierten und zufriedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Die vier Schwerpunkte sind eng miteinander verwoben und müssen immer gleichzeitig bedacht werden. Deshalb möchte ich zwischen diesen vier Zielen gar keine Priorisierung vornehmen. Wie gesagt, auf die Balance kommt es an.
DIBt-Newsletter: Welche Herausforderungen sehen Sie im bautechnischen Bereich?
Gerhard Breitschaft: Die Bautechnik und die dazugehörigen Regelwerke entwickeln sich ständig weiter. Mal machen innovative Technologien und Verfahren neue Regelungsansätze erforderlich. Mal stimulieren geänderte Vorgaben, z.B. im Bereich des Umweltschutzes, die Entwicklung neuartiger Lösungen. Als Kompetenzzentrum der Länder und des Bundes im Bauwesen muss das DIBt mit dieser Entwicklung Schritt halten. Die Pflege und der Ausbau unserer Expertennetzwerke und die Rekrutierung und Bindung qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dafür unabdingbar. Es geht also ganz wesentlich um Kompetenzentwicklung.
Als Bauingenieur gesprochen möchte ich Impulse insbesondere bei der Förderung klimafreundlicher Produkte und Bauweisen (vgl. Jahresbericht 2020/2021), bei der Stärkung industrieller Bauweisen, wie etwa dem 3D-Druck oder dem seriellen und modularen Bauen, und bei der Modernisierung der Sicherheitstheorie geben.
DIBt-Newsletter: Sie haben gerade das Thema Kompetenzentwicklung angeschnitten. Welche Ziele verfolgen Sie hier?
Gerhard Breitschaft: Der Aufbau von Kompetenz am DIBt ist kein Selbstzweck. Wir arbeiten hier auf mehrere Ziele hin. Gerade schon genannt habe ich, dass wir sicherstellen müssen, dass wir die Aufgaben, die das Institut nach dem DIBt-Abkommen und dem DIBt-Verwaltungsabkommen hat, auch in Zukunft zur Zufriedenheit aller unserer Partner erfüllen können. Und nicht nur das. Mir ist wichtig, dass wir die Servicequalität für die Bauwirtschaft und die Bauverwaltungen stetig steigern. Dazu gehört auch, dass wir effizient und wirtschaftlich arbeiten.
Und last but not least, geht es darum, das DIBt in die Lage zu versetzen, auch künftig neue Aufgaben zu übernehmen, die sich an der Schnittstelle von Bautechnik und Baurecht ergeben. Ich habe den Ländern und dem Bund signalisiert, dass das DIBt gern bereit ist, neue Aufgaben zu übernehmen. Manchmal werden die vorhandenen Kompetenzen die Übertragung neuer Aufgaben sinnfällig machen und manchmal wird für die Übertragung neuer Aufgaben die Kompetenz erweitert werden müssen.
Derzeit zum Beispiel bauen wir unsere Kompetenzen im Bereich der Digitalisierung und der agilen Projekt- und Prozesssteuerung aus, weil wir hier große Bedarfe auf die Bauverwaltungen zukommen sehen.
DIBt-Newsletter: Mit dem Schlagwort "Digitalisierung" gehört Ihnen die Aufmerksamkeit unserer Leserinnen und Leser. Wollen Sie hierzu noch etwas mehr verraten?
Gerhard Breitschaft: Der Verwaltungsrat hat gerade einer Digitalisierungsstrategie zugestimmt, um das DIBt in den nächsten zehn Jahren zum digitalen Dienstleister zu entwickeln. Uns ist klar, dass eine koordinierte Umstellung der Tätigkeitsfelder des DIBt auf eine weitestgehend digitale Arbeitsweise Zeit benötigt, deshalb beginnen wir heute. Ich freue mich sehr, dass sich die Länder für diese langfristige Investition in die Zukunft des DIBt, aber auch der Bauverwaltungen entschieden haben.
DIBt-Newsletter: Der "Stillstand der harmonisierten Normung" oder besser der Stillstand bei der Bekanntmachung harmonisierter Normen beschäftigt verstärkt die Baubranche. Wie bringt sich das DIBt hier ein und welche Prioritäten sehen Sie in diesem Bereich?
Gerhard Breitschaft: Seit vielen Jahren leben wir mit teilweise unvollständigen harmonisierten Bauproduktnormen. Für Planer und Bauausführende ist das ein riesengroßes Problem, weil sie den Bauherren ein mängelfreies, dem Stand der Technik entsprechendes Bauwerk schulden und oft nicht wissen, aus welchen Produkten es so zusammengebaut werden kann, dass die Anforderungen an die Bauwerkssicherheit erfüllt werden. Die derzeitige Auslegung der Bauproduktenverordnung macht es der Bauaufsicht zudem schwer, der Praxis Hilfestellungen in dieser Frage zu geben.
Das DIBt engagiert sich deshalb verstärkt in der europäischen Normung. Ziel ist es, die mangelhaften Normen zu vervollständigen und darüber hinaus, die Bauproduktenverordnung so zu verbessern, dass mangelhafte Normen künftig schneller geändert und aktualisiert werden können.
Diese Prozesse werden allerdings Jahre in Anspruch nehmen. Die Bauwirtschaft braucht aktuelle und vollständige Normen aber schon heute. Die Europäische Kommission sieht als einzige Sofort-Lösungen die Erteilung von ETAs oder die Deharmonisierung von Produktnormen. Bei der Erteilung von ETAs unterstützt das DIBt natürlich gerne. Ansonsten versuchen wir gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der obersten Bauaufsichten immer wieder, europarechtlich verträgliche Wege zu finden, um den Planern und Bauausführenden doch konkrete Hilfestellungen zu geben, wie sie sichere Produkte auswählen können.
DIBt-Newsletter: Sind im Bauordnungsrecht größere Änderungen zu erwarten?
Gerhard Breitschaft: Aufgrund der Veränderung der Bauproduktenverordnung wird es sicherlich Veränderungen geben. Aber diese kommen nicht gleich morgen.
Allerdings gibt es Themen, an denen ich und die Länderkolleginnen und -kollegen arbeiten möchten. Zum einen geht es da um eine größere Einheitlichkeit bei der Umsetzung der MVV TB, die von der Praxis immer wieder gewünscht und eingefordert wird.
Am dringendsten ist aber die Frage, ob und wie die Nachhaltigkeit in den Bauordnungen verankert werden kann. Der Schutz von Klima und Ressourcen ist das wichtigste Thema unserer Zeit, und das Bauen und Betreiben von Gebäuden hat einen gewaltigen Anteil daran. Da liegt es nahe, die Bauordnungen anzupassen.
DIBt-Newsletter: Vielleicht abschließend noch ein Wort zur Mitarbeiterführung. Wie sehen Sie Ihre Rolle als Führungsperson?
Besonders wichtig ist mir, dass wir die anstehenden Herausforderungen im Team bewältigen. Dass wir uns als Kolleginnen und Kollegen mit Wertschätzung und auf Augenhöhe begegnen, gute Ideen und Impulse anderer erkennen und aufgreifen und gemeinsame Lösungen finden. Gleichzeitig braucht jeder einzelne einen angemessen großen Handlungsspielraum und Vertrauen im Vorschuss. Meine Aufgabe sehe ich darin, diesen Umgang miteinander auf allen Ebenen zu unterstützen und vorzuleben.
DIBt-Newsletter: Vielen Dank für die Einblicke.
Gerhard Breitschaft: Gern.