Knapp gefasst: Kurzberichte über Forschungsvorhaben von bauaufsichtlichem Interesse
Das DIBt initiiert, vergibt, begutachtet und betreut im Auftrag der Bauministerkonferenz bautechnische Untersuchungen von allgemeinem bauaufsichtlichen Interesse. In den letzten Monaten wurden Forschungsvorhaben abgeschlossen. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse können Sie hier nachlesen.
Die Langfassung der Forschungsberichte ist über das Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau erhältlich.
Weitere Informationen unter Bauforschung
Forschungsprojekt GruSiBau 2.0
Forschende Stelle:
Technische Universität München
Fachgebiet Risikoanalyse und Zuverlässigkeit
Herrn Univ.-Prof.-Dr.-Ing. Straub
Arcisstraße 21
80333 München
Lfd. Nr.: 2.45, 2.45.1 bis 5
Im Dokument „Grundlagen zur Festlegung von Sicherheitsanforderungen für bauliche Anlagen“ (GruSiBau), verfasst 1981 vom DIN, wurde der damalige Wissensstand zu den Grundlagen von Baunormen erläutert. Die folgenden beiden Teilprojekte beleuchten verschiedene Aspekte der GruSiBau neu und passen diese an den heutigen Stand der Technik an.
Teilprojekt: Sensitivitätsanalyse als Grundlage eines optimierten Sicherheitskonzepts
Das Teilprojekt hat sich mit der baupraktischen Anwendung von computergestützten Sensitivitätsanalysen im Rahmen von Planung und Bemessung auseinandergesetzt. Als Methode wurde die adjungierte Sensitivitäts-analyse verwendet. Diese weist eine ausgeprägte Verwandtschaft mit der Technik der Einflusslinien auf und dessen Ergebnisse lassen sich in intuitiv verständlichen Sensitivitätskarten aufbereiten. Mit Hilfe dieser Karten können schnell und zielgerichtet wichtige Parameter des zugrundeliegenden Modells identifiziert werden. Folglich eignet sich die Methode als Hilfsmittel im Rahmen der Tragwerksplanung. Zur Eingliederung von Sensitivitätsanalysen in den Bemessungsprozess wurde eine systematische Analyse- und Entscheidungskette entwickelt, welche bei der Identifizierung und Beurteilung relevanter Modellparameter assistieren soll.
Ein weiterer Schwerpunkt war die Auseinandersetzung mit Nichtlinearitäten. Hierbei wurde untersucht, wie die nichtlineare funktionale Beziehung zwischen Basisvariablen und Bemessungsgrößen zur weiteren Verwendung beschrieben bzw. klassifiziert werden kann. Dabei sind die grundlegenden Herausforderungen bei der Klassifizierung von Nichtlinearitäten evaluiert worden und es wurde untersucht, ob die aktuellen normativen Regelungen in dieser Hinsicht ausreichend differenziert sind. Zudem wurde dargelegt, wie Sensitivitäten bei der Untersuchung von Nichtlinearitäten assistieren können.
Teilprojekt: Sicherheitsanforderungen für das Bauwesen im 21. Jahrhundert
Bearbeitet wurden drei Aspekte: Versteckte Sicherheiten, Systembemessung, Nichtlinearitäten.
- Versteckte Sicherheiten: Der Einsatz fortgeschrittener Modelle kann die resultierenden Zuverlässigkeiten von Bauwerken im Vergleich zum Einsatz von Standardmodellen sowohl erhöhen als auch verringern. Diese Problematik wurde detailliert erörtert. Ein Leitfaden zum Einsatz fortgeschrittener Modelle wurde erarbeitet
- Systembemessung: Detaillierte Untersuchung, inwiefern die erzielten Zuverlässigkeiten einer Bemessung am Element (derzeitige Stand der Technik) von einer Bemessung am System abweichen. Im Allgemeinen bewegt sich die Abweichung in einem akzeptablen Rahmen. Potentielle Erweiterungen des Teilsicherheitskonzepts wurden aufgezeigt.
- Nichtlinearitäten: Bewertung der derzeit gültig normativen Regelung für Nichtlinearitäten. Diese kann sowohl zu Unterdimensionierung (jedoch in einem akzeptablen Rahmen) als auch starker Überdimensionierung führen. Potentielle Erweiterungen des Teilsicherheits- konzeptes wurden aufgezeigt.
Ermittlung von Spektrum-Anpassungswerten für Bauelemente zur Integration in DIN 4109-35
Forschende Stelle:
ift Gemeinnützige Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH
Herrn Dipl.-Phys. Sack
Theodor-Gietl-Straße 7-9
83026 Rosenheim
Lfd. Nr.: 5.126
Beim Nachweis der Schalldämmung der Gebäudehülle bestehen aktuell entsprechend DIN 4109-1:2018-01 "nur" Anforderungen an das bewertete Schalldämm-Maß Rw als kennzeichnende Größe. Das bewertete Schalldämm-Maß Rw ist jedoch nur bedingt ein geeigneter Maßstab, um die schalltechnische Eignung von Außenbauteilen gegenüber Außenlärm aus unterschiedlichen Schallquellen mit stark variierender spektraler Zusammensetzung zu beschreiben. Daher wird hinsichtlich der Anforderung an die Schalldämmung von Außenbauteilen in den derzeitigen Regelwerken und Verordnungen mit pauschalen Sicherheitsaufschlägen gearbeitet, welche aber die tatsächlichen Schalldämmspektren der konkreten Außenbauteile nicht direkt berücksichtigen.
Im Frühjahr 2021 wurde das durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) geförderte und durch Müller-BBM bearbeitete Forschungsvorhaben „Schallschutz gegen Außenlärm“ (AZ P 52-5-5.125-2036/19) abgeschlossen. Es wird darin vorgeschlagen, zukünftig die Anforderung und den Nachweis des Schallschutzes gegen Außenlärm auf Basis der Spektrum-Anpassungswerte aus DIN EN ISO 717-1 zu regeln und die betreffenden Teile der DIN 4109 entsprechend zu überarbeiten. Nach derzeitigem Diskussionsstand im zuständigen Normungsausschuss NA 005-55-74 AA ist zu erwarten, dass der Vorschlag umgesetzt wird.
Damit ist es auch erforderlich, auf Bauteildaten zur Schalldämmung von Außenbauteilen inklusive der Spektrum-Anpassungswerte zurückgreifen zu können. In den in DIN 4109-35:2016-07 enthaltenen Bauteilkatalogen sind jedoch nicht für alle Bauelemente Spektrum-Anpassungswerten C und Ctr enthalten. Primäres Ziel dieses Forschungsvorhabens war daher die Ermittlung von Spektrum-Anpassungswerten C und Ctr für Bauelemente zur Integration in den Bauteilkatalog der DIN 4109-35.
Seit vielen Jahren werden bei Schallprüfungen des ift Rosenheim die Spektrum-Anpassungswerte miterfasst. Daher konnten die Bauteildaten für die Produktgruppen Einfachfenster, Verbundfenster, Kastenfenster, Mehrscheiben-Isolierglas, Rollladenkästen sowie Öffnungen und Fugen anhand der existierenden Messungen analysiert werden.
Die analysierten Daten wurden hinsichtlich der Spektrum-Anpassungswerte für die genannten Produktgruppen ausgewertet. Des Weiteren wurde ausgewertet, ob die in DIN 4109-35 vorhanden Schalldämmwerte noch repräsentativ sind.
Aus der Auswertung erfolgte die Ableitung eines Vorschlags für „neue“ Spektrum-Anpassungswerte. Die Ergebnisse wurden dem NA 005-55-75-AA zur Diskussion und Integration in DIN 4109-35 weitergeleitet.
Imperfektionsmessungen an stabilitätsgefährdeten Holzbauteilen
Forschende Stelle:
Universität Stuttgart
Institut für Konstruktion und Entwurf I
Frau Prof. Dr.-Ing. Kuhlmann
Pfaffenwaldring 7
70569 Stuttgart
Lfd. Nr.: 13.194
Die Holztragwerke von 23 Bauvorhaben wurden mit einem Laserscanner vermessen und die Daten von 202 Brettschichtholz Bindern, 38 Buchen-Furnierschichtholz Bindern und 57 Buchen-Furnierschichtholz Stützen in Bezug auf die Montagegenauigkeit und Imperfektionen ausgewertet. Die Messungen wurden direkt nach Montage und Ausrichten der Tragwerke durchgeführt. Für alle gemessenen Imperfektionen galt, dass die Bemessungsansätze nach DIN EN 1995-1-1:2010-12 auf der sicheren Seite liegen. Zur Ermittlung von Ersatzimperfektionen wurden numerische Vergleichsberechnungen mit Abaqus CAE/2020 durchgeführt. Die Ersatzimperfektionen wurden in Form einer Sinushalbwelle angenommen. Die 95 % Quantilwerte der Vorverformungen wurden ausgewertet und daraus abgeleitete konsistente Bemessungsempfehlungen für Ersatzimperfektionen für die Stabilitätsnachweise nach DIN EN 1995-1-1 angegeben.